20. Mai 2015

#ESC2015 - Vorabanalyse des zweiten Semi-Finale


Auf ins zweite Semi-Finale des 60. Eurovision Song Contest! Diesmal treten 17 Nationen an, um eines von zehn Tickets für das große Grand-Final am Samstag zu ergattern. Dabei ist zu bemerken, dass das zweite Halbfinale das wesentlich schwerere von beiden ist. Nicht nur aus dem Grund, dass ein Land mehr antritt, auch die Qualität und Varietät der Songs ist erheblich besser, im Vergleich zu den Songs des ersten Halbfinale.

Hoffen wir, dass das zweite Halbfinale dem ersten in nichts nachstehen muss, und uns so gut wie möglich unterhält. Die Künstler so gut wie möglich in Szene setzt. Und so viele Brücken schlägt, wie die Wiener Stadthalle tragen kann. Ich freue mich!

Im Folgenden nun wieder mein Kommentar zu allen Beiträgen, die wir am Donnerstag sehen werden. Die Reihenfolge wird der der Show entsprechen. Lasst mir gerne auch eure Meinungen zu den Songs/Künstlern hier. Was meint ihr, wer qualifiziert sich für das Finale? 



Litauen: Monika Linkytė & Vaidas Baumila / This Time


 Das Duo aus Litauen präsentiert Europa mit "This Time" eine sehr leichte Popnummer, die etwas Country mäßig daher kommt. Irgendwie erinnern sie mich zwangsläufig an Texas Lightning, die aber schon seit Jahren Geschichte sind. Und genau das beschreibt für mich den Song. Etwas, was man schon drölftausend Mal gehört hat, und sofort wieder vergisst. Auch wenn sie sehr harmonisch auf der Bühne agieren, und ihre Inszenierung einen leichten retro Touch hat, denke ich: 
Finale? - Nein!


 Irland: Molly Sterling / Playing With Numbers

Wow, man wird sprachlos wenn man bedenkt, dass sie erst 17 Jahre jung ist. Eine hübsche Ballade, die meiner Meinung nach, aber relativ schlecht inszeniert wird. Die Ballade brauch etwas Einsamkeit, etwas Verlassenheit, etwas Stille. Keine Band um sie herum, die die gesamte Atmosphäre zerstört. Lasst sie alleine auf der Waldlichtung sitzen, und alles wird gut, andernfalls könnte es sehr knapp werden.
Finale? - Ja!


San Marino: Anita Simoncini & Michele Perniola / Chain Of Lights

Der kleine italienische Zwergstaat San Marino. Ich bin so froh darüber, dass sie Europa jedes Jahr beweisen, dass es nicht auf die Größe eines Landes ankommt, sondern auf die Leidenschaft zur Musik. Und so schrieb dieses Jahr Ralph Siegel den san-marinesischen Beitrag.  Eine einfache Popnummer, mit ein paar mysteriösen Klängen, welche mir ganz gut gefallen. Auch haben Anita und Michele schon genug Bühnenerfahrung beim Juniorvision Song Contest sammeln können. Sie könnten uns also eventuell überraschen! 
Finale? - Nein!



Montenegro: Knez / Adio

 Da ist er, der alljährliche Balkan-Ethno-Popsong, den ich so sehr liebe. Knez besingt mit seiner sehr tiefen und gleichzeitig sehr eindringlichen Stimme, einen schmerzhaften Abschied. Er besingt, wie die Suche nach seiner verloren gegangenen Liebe, ihn über Berge, tiefste Gewässer und Höhen führt. Irgendiwe ein wenig kitschig, aber in jene Melodien könnte ich mich einfach jedes Mal erneut verlieren. Und in that kind of Bühneninszenierung auch! 
Finale? - Ich hoffe es so sehr!



 Malta: Amber / Warrior

 Der zweite Warrior-Song im Contest. Am Dienstag hat sich bereits die georgische Sängerin Nina Sublatti mit einem gleichnamigen Song für das Finale qualifiziert, und ich glaube, dass sie auch die Einzige bleiben wird. Ambers Song ist wirklich ganz nett, und auch gut inszeniert, aber ich kaufe ihr dieses "Kämpferinnen"-Image nicht ab. Die Melodie ihres Songs ist auch auf eine Weise eigen, aber im gleichen Zug so ausgeleiert. Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. 
Finale? - Nein!


 Norwegen: Debrah Scarlett & Mørland / A Monster Like Me

Man möchte den beiden wirklich für immer zuhören, so wunderschön verzaubernd kommt ihre Ballade daher. Beide haben ganz besondere Stimmen, die einfach perfekt zusammen harmonieren, und den Zuhörer mit auf eine dunkle Reise nehmen. Denn der Text, den Mørland selber geschrieben hat, dreht sich um eine Phase der Trauer in seinem Leben. Genaueres wollte er nicht bekannt geben, um die Interpretation jedes Einzelnen nicht zu zerstören. Die beiden erzählen mit ihrem Gesang so viel, und eigentlich alles, dass es tödlich wäre nun noch mehr zu inszenieren. Sie machen alles richtig. 
Finale? - Definitiv!



Portugal: Leonor Andrade / Há Um Mar Que nos Separa

Wer? Wie? Wo? Was? Leonor hat, meiner Meinung nach, den a) langweiligsten b) uneingängigsten und c) unscheinbarsten Song des Contests. Also drei Rekorde hat sie schon mal inne, in diesem Sinne schon mal herzlichen Glückwunsch!
Finale? - Bitte, bitte, bitte nicht!


Tschechien:  Marta Jandová & Václav Bárta / Hope Never Dies

Die Hoffnung stirbt niemals, davon singen Marta und Václav zwar nicht in diesem Kontext, aber ich hoffe so sehr, dass sie es ins Finale schaffen. Die beiden haben sich nämlich vorgenommen "Tschechiens Arsch endlich mal nach vorne zu bringen", denn Tschechien war noch nie für ein Eurovision-Finale qualifiziert. Entsprechend hoch sind auch jene Stimmen voll Spott, die über den ESC sowie über die Teilnahme von Marta und Václav nur lachen. Dem zum Trotz haben sich Marta und Václav bisher bestens präsentiert, und die mitunter besten Pressekonferenzen abgehalten! Auch wenn das songtechnisch nicht 100% meins ist, stehe ich voll hinter ihnen!
Finale? - Ja!



Israel: Nadav Guedj / Golden Boy

"I’m a golden boy, come here to enjoy, I’m the king of fun, let me show you how we do it!
And I’m a golden boy, come here to enjoy just before I leave, let me show you Tel Aviv!" - Dieser Einladung folgen wir doch herzlich gerne. Der erst 16 Jährige Nadav vertritt Israel mit einer Oriental-Ethno-Popnummer, wie sie dieses Jahr einzigartig ist. Insbesondere seitdem die Türkei nicht mehr am Contest teilnimmt, sind solche Klänge so ziemlich von der Bildfläche bzw. aus den Ohren verschwunden, um so dankbarer bin ich Nadav dafür, dass er sie uns wiederbringt. Denn auch diese Beats tragen zur Vielfältigkeit des Contests bei, und beigeistern viele Menschen, insbesondere aus Südeuropa. Nadav verbreitet mit seiner Performance viel gute Laune, und "Party Party Party" wie er jetzt sagen würde. Die Inszenierung ist dem Song angepasst, und erinnert an die Fenster einer Moschee. Für den ganz großen Sieg wird es letztenendes nicht reichen, aber finale Top 10 dürften locker drin sein!
Finale? - Natürlich!



 Lettland: Aminata / Love Injected

Sehr feine Klänge erreichen uns aus Lettland, denn die Letten entsenden Aminata nach Wien, mit einer Electro-Popballade, die unter die Haut geht. Sie schmettert die Töne wie Speere von sich, und mitten in die Herzen. Zumindest in mein Herz. Sie injiziert mir die Liebe. Ich liebe. Ich liebe sie. 
Finale? - Knapp, aber ja!



 Aserbaidschan: Elnur Huseynov / Hour Of The Wolf

Es geht stimmgewaltig weiter, denn auch die aserbaidschanische Ballade von Elnur schlägt ein wie der Mond. Verziert mit einer fesselnden und bewegenden Bühneninszenierung, meiner Meinung nach der Besten bis jetzt, wird dieser Auftritt zu etwas Magischem. Man möchte den Wölfen am liebsten bis zum Sonnenaufgang zusehen. 
Finale? - Ja!




Island: María Ólafsdottír / Unbroken

Sterntaler, oder besser gesagt Nordlichttaler, auf der Eurovision-Bühne. María begeistert mich mehr mit ihrer Inszenierung, als mit ihrem Song. Klar kann man das Rad nicht ständig neu erfinden, aber die Vergleiche zu Emmelie de Forest sind einfach unumgänglich. Für mich kein Siegersong!
Finale? - Nein!



 Schweden: Måns Zelmerlöw / Heroes

Wir kommen zum Höhepunkt des Abends! Måns begeistert nicht nur durch seine unglaublich gute Stimme, sein tolles Aussehen und seinen charmanten Auftritt, auch sein Song ist rundum perfekt komponiert. Während die Strophen einen leichten Hauch von Nachdenklichkeit und Melancholie versprühen, reißt der Refrain so ziemlich alles mit, was emotional nicht fest ist. Es ist definitiv der eingängiste Refrain dieses Jahr, außer Acht ob er gerade darauf komponiert und konzipiert wurde. Er bewegt die Menschen, bringt sie zum Tanzen, zum Feiern. Und ist es nicht genau das, was einen Gewinnersong ausmacht, die Menschen mitzureißen? Außerdem hat Schweden etwas, was den meisten Künstlern fehlt, nämlich ein gut geplantes Konzept für die Bühneninszenierung. Die Show ist anmutig, berührend und faszinierend aber eben auch lustig. Sie wird sich in den Köpfen der Menschen festsetzen, da bin ich mir beinahe sicher. Ich glaube fest an ein Stockholm 2016! Go for it, Måns! 
Finale? - Natürlich!



Schweiz: Mélanie René / Time To Shine

Vom schwedischen Regen geht es in die Wälder, wohin uns die schweizerische Künstlerin entführt. Mélanie singt davon, wie sich ihr Leben verändert. Sie immer mehr an Selbstvertrauen gewinnt, und es Zeit wird, dass sie nun endlich strahlt, und eben "scheint". Eine tolle Message: HEY DU, GLAUBE AN DICH! AUCH DU KANNST SIE UMHAUEN MIT DEINEM STRAHLEN! Was diese Message mit der Waldinszenierung zu tun hat, bleibt mir jedoch verborgen. Gut finde ich sie dennoch, aber ob gut für das Finale reichen wird? 
Finale? - Nein!



Zypern: Giannis Karagiannis / One Thing I Should Have Done

Zarte Töne erreichen uns aus der Mittelmeerinsel Zypern. Giannis Song ist ein Stück Musik zum genau Hinören. Wenn man das macht, eröffnet sich einem ein wirklich toller Song, der auch unglaublich gut gesungen wird. Außerdem finde ich die Bühneninszenierung gelungen. Dass diese ruhigen Klänge zwischen all den Lauten durchaus eine Chance haben, hat sich am Dienstag beim ungarischen Beitrag von Boggie gezeigt. 
Finale? - Ja!




Slowenien: Maraaya / Here For You

Jetzt wird es kritisch, denn Maraayas Song hat für mich wieder diesen Zweispalt. Zum einen ist es ein echt netter Song, der durch diese Melodiezwirsel und die Luftgeige natürlich hängen bleibt, aber andererseits ist da nicht viel mehr. Ist das ein Gewinnersong? Nicht wirklich, aber dennoch ein guter Europopsong. 
Finale? - (leider) Nein!



 Polen: Monika Kuszyńska / In The Name Of Love

Ein wirklich tolles Ende für die Halbfinale. Monika ist eine wirklich sehr anmutige und stilvolle Sängerin, die ihre Message, die sie nun offensichtlich verkörpert, mit viel Stolz und Würde zeigt, und somit eine wirklich starke Brücke zum Abschluss baut. Nämlich eine für körperlich behinderte Menschen. Wir danken ihr dafür so sehr! 
Die Performance ist rundum gelungen, zugegeben ein wenig kitschig, aber passend zum Song. 
Finale? - Ja!

17. Mai 2015

#ESC2015 - Vorabanalyse des ersten Semi-Finale




Das erste der beiden Semi-Finale steht ins Haus, und wie in jedem Jahr, wird hier schon knallhart ausgesiebt. Kann ein Künstler nicht in seinen rund drei Minuten überzeugen, wird er nicht im Finale des größten Musikwettbewerbs der Welt auftreten können.
Andererseits sind die Semi-Finale auch eine Art "erste Beweisprobe" und natürlich auch ein riesiger Promoschub. Bereits fünf Jahre liegt es zurück, dass ein Land, der für das Finale vorqualifizierten Länder, einen Sieg errungen hat. Also wenn ein Song im Halbfinale überzeugt, wird er sicher auch im Finale tun.

In diesem Semi-Finale treten 16 Länder gegeneinander an, aber nur 10 werden sich am Ende für das Finale qualifizieren. Abgestimmt wird in einem 15-minütigen Zeitraum, in dem der Zuschauer die Möglichkeit hat abzustimmen. Diese Abstimmungen werden dann mit den Punkten der internationalen Jurys gegengerechnet.

Im Folgenden möchte ich vorab alle Songs für mich werten. Lasst mir auch eure Meinungen über die einzelnen Songs da! Die Reihenfolge wird der der Show entsprechen.


Moldawien: Eduard Romanyuta / I Want Your Love 

 Er hat die wohl schwerste Aufgabe von allen. Denn er wird der Allererste sein auf der großen Bühne. Mit seiner Uptempo Nummer wird er die Stimmung sicherlich gut anheizen. Stimme eher Nebensache. Und die Tanzmoves wirken dabei ziemlich osteuropäisch, aber das ist ja auch kein Wunder, denn er ist gebürtiger Ukrainer! Also ist die Ukraine, im weitesten Sinne, auch dieses Jahr dabei! 
Finale? - (leider) Nein!


Armenien: Genealogy / Face The Shadow

     Diese "weltweite Band" vereint Sänger von allen Kontinenten. Gemeinsam singen sie darüber sich seinen Ängsten zu stellen. Das Leben zu meistern und zu akzeptieren, auch wenn es aussichtslos scheint. Sich an die Guten Zeiten zu besinnen, um Kraft zu sammeln. Ohne Frage, gesanglich sehr hochwertig. Auch die Bühneninszenierung gefällt mir sehr gut. Ich denke, dass das nicht nur mich überzeugt. 
Finale? - Knapp, aber ja!


 Belgien: Loïc Nottet / Rhythm Inside

Mit eingängigen Beats und einer leicht speziellen Performance kommt der 19 Jähirge Belge Loïc Nottet daher. Seine Pressekonferenzen waren (ungewollt) sehr amüsant, da seine Englischkenntnisse durchaus bescheiden sind. Oder er war einfach "aufgeregt", wie er jetzt sicher gesagt hätte. Gesanglich fasziniert Loïc durch seine hohe Stimme, die sehr angenehm wirkt, meiner Meinung nach. Hoffentlich läuft im entscheidenden Moment alles nach Plan, denn er hat nach eigenen Aussagen noch kleinere Probleme mit der Choreographie. 
Finale? - Ganz sicher! 


 Niederlande: Trijntje Oosterhuis / Walk Along

Die Niederlande war in diesem Jahr das erste Land, was Song und Künstler bekannt gab. Am Anfang hoch im Kurs, zwischenzeitlich etwas verloren gegangen, doch jetzt wieder gefunden. Trijntje ist eine sehr sympathische und erfahrene Sängerin, die ganz sicher das Publikum begeistern wird, nicht nur mit ihrer tollen Stimme. Der Song hingegen ist, in meinen Ohren, jedoch schon nach dem dritten Mal hören einfach nur nervig. Ob das gut geht? 
Finale? - Könnte sehr knapp werden, aber ja!


Finnland: Pertti Kurikan Nimipäivät / Aina Mun Pitää

 Die finnischen Rocker faszinieren mich wirklich jedes Mal aufs Neue. Von ihrem Mut und ihrem Selbstvertrauen können sich so einige Menschen eine dicke Scheibe abschneiden. Ich auch! Ich bewundere sie so sehr, diese Message in Europa und der Welt zu zeigen. Schaut her, wir sind anders, aber wir können das dennoch! Gleichzeitig kritisieren sie mit ihrem Song oft vorhandene Vorurteile im Umgang mit Menschen mit Down-Syndrom. Der Song an sich ist einfach nicht mein Geschmack, was nichts daran ändert, dass ich sie auch als Sänger schätze. 
Finale? - Europa wird ihnen Respekt zollen, ja!


Griechenland: Marya Elena Kyriakou / One Last Breathe

Eine wunderschöne junge Frau, eine anmutige Ballade, die einige Tonlagen und Rhythmen bedient, sowie eine glänzende Bühneninszenierung machen die Eurovision-Ballade perfekt. Man findet einfach nichts, was man bemängeln könnte, rundum glänzend! 
Finale? - Sicher!


Estland: Elina Born & Stig Rästa / Goodbye To Yesterday
 
Meine zwei Sorgenkinder aus Estland. Ich liebe den Song so sehr, er erzählt eine Geschichte, mit der sich jeder identifizieren kann, der bereits geliebt hat. Wenn auch nur für eine Nacht. Die Stimmen von Elina und Stig harmonieren so perfekt zusammen, dass man sich einfach nur melancholisch verliert. Aber nun müssen sie genau das auch auf der Bühne rüber bringen. Und das was ich bisher in den Proben gesehen habe war einfach nur langweilig. Wenn man ganz gemein ist, könnte man auch behaupten sie wären die zweiten Common Linnets, denn die hatten im letzten Jahr ungefähr dasselbe Bühnenbild. 
Ich bete so sehr dafür, dass sie es doch schaffen, aber: 
Finale? - Nein!


Mazedonien: Daniel Kajmakoski / Autumn Leaves

Eher ruhige Klänge erreichen uns, im wahrsten Sinne des Wortes, auch aus Mazedonien. Mit dieser eher einfallslosen und zusammenhangslos wirkenden Bühneninszenierung wirkt der Song gleich anders. Jedoch im negativen Sinn. Verstärkt wird das durch die unpassenden Backgroundsänger, die normalerweise Hip-Hop singen. Es war ein großer Traum von Daniel mit ihnen aufzutreten, aber ob er sich damit einen gefallen getan hat? 
 Finale? - Nein! 


Serbien: Bojana Stamenov / Beauty Never Lies 

Die serbische Hera Björk. Bojana verfügt über eine unglaublich mächtige und umwerfende Stimme, die sie auch auf der Bühne on point einsetzt. Mit ihrem Song möchte Bojana ihre ganz eigenen Brücken bauen. Es ist egal woher du kommst, wie du aussiehst, welche sexuelle Orientierung du hast: Yes, I'm different and it's okay (Ja, ich bin anders, aber das ist okay). Damit erntet sie bei ihren Pressekonferenzen nicht nur viel Applaus, nein auch im Internet favorisieren sie viele. Ich schätze für den Sieg wird es nicht reichen, dafür ist der Song einfach einen Tick too much, einen Tick zu anstrengend. 
Finale? - Ja! 


 Ungarn: Boggie / Wars For Nothing

Die ungarische Friedenstaube landet auf der Eurovision-Bühne. In ihrem Song übt Boggie Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen, speziell bezogen auf die vielen Kriege die geführt werden.  Und damit müssen wir nicht mal über europäische Grenzen hinaus schauen, denn die Lage in der Ukraine ist immer noch höchst explosiv. Ihre Stimme hat etwas sehr beruhigendes, aber dennoch etwas reflektierendes. Ich befürchte, dass die Message leider untegehen wird. Friedensbrücken für Europa! 
Finale? - (leider) Nein!


 Weißrussland: Maimuna & Uzari / Time

 Auf den ersten Blick mag das zwar nicht auffallen, aber Maimuna und Uzari haben ihre Bühnenperformance einer ganz speziellen Person gewidmet. In einem Interview erklärten sie, dass sie ein junger Mann sehr berührt hat, der seit Jahren mit schwerem Krebs kämpft. Dafür ist der Song "Time" eine zutreffende Metapher. Vielleicht wollen die beiden auf diese Weise eine Brücke bauen. Ich finde den Song an sich ziemlich eingängig, und auch finalwürdig. 
Finale? - Ja!


Russland: Polina Gagarina / A Million Voices

 Auch hier haben wir wieder eine sehr hübsche und makellose junge Sängerin, die ihre Stimme in keinster Weise verstecken muss. Und das tut sie auch nicht, denn ihre Proben verliefen bisher immer sehr gut. 
Finale? - Ja!


Dänemark: Anti Social Media / The Way You Are
 
Ein Beitrag den ich nicht wirklich einordnen kann. Klar, der Song macht wirklich gute Laune, aber wirklich eingängig und anspruchsvoll ist er nicht. Eher ein Song, den man nach dem dritten Mal hören wegklickt, weil man ihn nicht mehr erträgt. Auch was die Inszenierung angeht, konnte man bei den Proben nicht wirklich sehen was uns erwartet. Vielleicht überraschen sie uns live in der Show mit etwas. Vielleicht aber auch nicht.
Finale? - Nein!


 Albanien: Elhaida Dani / I'm Alive

 Elhaida ist wirklich die Künstlerin, die bei mir den größten Wandel durchlaufen hat. Mit ihrem alten Song mochte ich sie überhaupt nicht. Als dann "I'm Alive" veröffentlicht wurde, war ich zunächst skeptisch ob die Ballade so funktionieren wird, aber nun bin ich mir sicher, dass sie das wird. Elhaida singt über eine Trauerphase, die fast jeder schon einmal durchlebt hat. Darüber, dass man, egal wie sehr man sich verletzt fühlt, weiter leben soll. Eben lebendig sein soll. Und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass sie damit auf eine feministische Art und Weise direkt Frauen anspricht. Eine weitere tolle Brücke! 
Finale? - Ja!


Rumänien: Voltaj / De La Capet (All Over Aigain) 

Nicht mit einer Botschaft, viel mehr mit einer Aufgabe ist die rumänische Band Voltaj nach Wien gekommen. Sie wollen mit ihrem Song auf die Problematik aufmerksam machen, dass immer mehr Kinder alleine zurück bleiben, und zu Waisen werden, weil Angehörige fliehen. Ebenso wehmütig, melancholisch und eher traurig ist auch ihr Song. Der mir auf Rumänisch sogar besser gefällt. Die Bühneninszenierung gefällt mir auch sehr gut, da sie ihr Anliegen nur noch mehr unterstreicht. Es macht aktiv auf die Problematik aufmerksam, wie man in einem Probenausschnitt sehen konnte. Mich würde es wirklich freuen, wenn wir sie ein zweites Mal sehen würden. 
Finale? - (leider) Nein!


Georgien: Nina Sublatti / Warrior

Das Beste kommt zum Schluss. Naja, fast. Aber in jedem Fall kommt hier ein echter Powersong auf uns zu. Die georgische Sängerin Nina besingt in ihrem "Warrior"-Song die Stärke und den Kampfgeist von Frauen. Und den verkörpert sie nicht nur durch ihre powervolle, fast schon aggressive Stimme, nein auch Bühneninszenierung und Outfit machen da keine Ausnahme. Für mich ein gelungener Beitrag! 
Finale? - Ja!

#ESC2015 - Alle Daten und alle Fakten im Überblick


Hallo, salut and hello Eurovisionsphere!

Es ist endlich wieder soweit. Die Eurovision-Bubble öffnet sich, und saugt uns alle in ihren schillernden bezaubernden Bann. Nun schon zum 60. Mal  fliegt die Bubble innerhalb Europas umher, und dieses Jahr geht es nach Österreich, genauer gesagt in die Hauptstadt, nach Wien!
Wie gewohnt wird es drei Shows geben, davon sind zwei Semi-Finale und ein Grand-Finale.
Im ersten Semi-Finale kämpfen 16 Nationen um den Einzug in das Finale, der größten Musikshow der Welt. Im zweiten Semi-Finale sind es sogar 17 Länder. Im großen Finale werden sich dann 27 Länder um den ESC-Pokal, sowie um europaweiten Ruhm, streiten.
Hier sind alle Fakten zusammengefasst, also nicht verpassen einzuschalten!

1. Semi-Finale:
Wann?: Am Dienstag den 19.05.2015 um 21 Uhr.
Wo?: Entweder in der Wiener Stadthalle live, oder bei Phoenix und EinsFestival; zum ersten Mal wird auch die internationale Liveübertragung auf EinsPlus gezeigt, diese ist ohne den deutschen Kommentar.
Interessante Beiträge: Belgien (Loïc Nottet / Rhythm Inside), Russland (Polina Gagarina / A Million Voices), Estland (Elina Born & Stig Rästa / Goodbye To Yesterday), Serbien (Bojana Stamenov / Beauty Never Lies)
Stimmberechtigte "Top-7": Frankreich, Österreich, Spanien und Australien

2. Semi-Finale:
Wann?: Am Donnerstag den 21.05.2015 um 21 Uhr.
Wo?: Entweder in der Wiener Stadthalle live, oder bei Phoenix und EinsFestival; oder auf EinsPlus, ohne den deutschen Kommentar.
Interessante Beiträge: Schweden (Måns Zelmerlöw / Heroes) !!!!, Israel (Nadav Guedj / Golden Boy), Lettland (Aminata / Love Injected), Norwegen (Mørland & Debrah Scarlett / A Monster Like Me), Island (María Ólafsdottir / Unbroken)
Stimmberechtigte "Top-7": Italien, Vereinigtes Königreich, Deutschland und Australien


Grand-Finale:
Wann?: Am Samstag den 23.05.2015 um 21 Uhr. Davor die große ESC-Party von der Hamburger Reeperbahn!
Wo?: Entweder in der Wiener Stadthalle live, oder bei Das Erste und EinsFestival; oder auf EinsPlus, ohne den deutschen Kommentar.
Interessante Beiträge: Bis jetzt: Deutschland (Ann Sophie / Black Smoke), Italien (Il Volo / Grande Amore), Australien (Guy Sebastian / Tonight Again)
Stimmberechtigt: Alle am Contest teilnehmenden Länder, also auch Deutschland!


Ich hoffe, dass euch diese Zusammenfassung hilft nicht den Überblick zu verlieren.
Auch freue ich mich auf eure Meinungen und eventuelle Live-Posts via Twitter.

Man liest sich!







16. Mai 2015

#ESC2015 - Über Höhepunkte und Tiefen der zweiten Proberunde


Es ist so weit, der Beginn der "Eurovision-Woche" steht ganz kurz bevor. Die letzten Delegationen trudeln langsam aber sicher in Wien ein, und bereiten sich bestmöglich auf ihren großen Moment vor.
Der zweite Probendurchlauf ist währenddessen bereits in vollem Gange, und die Künstler geben einfach alles. Die meisten Künstler haben mich persönlich einfach fasziniert mit ihrem Können, mich als Zuhörer bzw. Zuschauer zu fesseln. Dabei gab es bis jetzt aber auch schon zwei kleinere Enttäuschungen. Die Rede ist zum einen von Elina Born & Stig Rästa, die songtechnisch zwar eine feine Nummer haben, es aber nicht schaffen, das Gefühl und den Charme der Nummer auf der Bühne zu vermitteln. Aber vielleicht haben sie dann zum entscheidenden Auftritt noch eine Überraschung parat. Ich fände es wirklich schade, wenn wir uns von den beiden bereits im Semi-Finale verabschieden müssten.
Zum anderen enttäuscht Daniel Kajmakoski, besser gesagt seine Backgroundsänger. Die eher vom Gospel angehauchten Sänger geben dem Song eine ganz eigene Melodie (nicht mal unbedingt negativ) mit auf dem Weg, aber genau das ist das Problem. Zusammen mit Daniels eher poplastiger Stimme und dieser reinen Popnummer wirkt das Ganze eher wirr und durcheinander. Aber auch hier hoffe ich sehnlichst um eine Besserung!

Sehr positiv überrascht hat mich hingegen Elnur Huseynov mit seinem mysteriösen Auftritt. Schon nach den ersten Tönen hat er mich mitgerissen, auf eine Reise durch die dunkelsten Stunden der Nacht, oder auch des menschlichen Daseins. Die Bühneninszenierung ist einfach magisch und besticht nicht nur durch den Ausdruckstanz von zwei "Wölfen".
Wie erwartet sehr gut war die zweite Probe von Nadav Guedj, der mit seiner sehr tanzbaren Nummer, und den orientalischen-ethno-Klängen sicher sehr viele Zuschauer in den südosteuropäischen Ländern anspricht.

Aber meine persönliche Überraschung des Tages war Måns Zelmerlöw. Bei seiner Probe hat einfach vom ersten bis zum letzten Ton alles gepasst, und spätestens als er das erste längere "dooooone" singt, hatte er mich voll und ganz bei sich. Und selbst wenn die Strophen nicht funktionieren, mit diesem epischen Refrain stellt er alle anderen in den Schatten. Einen eingängigeren Refrain gibt es, meiner Meinung nach, in diesem Jahr nicht. Die Performance ist vom ersten bis zum letzten Moment perfekt und akurat geplant, und die Geschichte, die er mit den kleinen Strichmännchen erzählt ist einfach lustig, berührend, originell und prägt sich sehr unter den anderen Songs ein.
Wenn er es bis zum Donnerstag dann noch schafft einen anderen Longsleeve sowie eine andere Hose anzuzuiehen ist einfach alles rundum perfekt, und er könnte sofort auf große Europatournee gehen, genau so wie er sich wünscht. Für mich steht mein Gewinner leider jetzt schon fest, and the winner is Måns Zelmerlöw! Mal sehen was Europa am Donnerstag, und sicherlich auch am Samstag dazu sagen wird.


Hier noch einmal das offizielle Video von Måns Zelmerlöws zweiter Probe:



PS an alle Eurovision-Fans: Seid ihr auch schon genauso aufgeregt wie ich, im Hinblick auf die nächste Woche?

8. Mai 2015

Das Ende von Eddy («En finir avec Eddy Bellegueule») - von Édouard Louis

«Ich denke, dass es alle hörten, weil ich mich an das genüssliche Grinsen in den Gesichtern der anderen erinnere (...) an die Befriedigung darüber, zu hören und zu sehen, wie der große Rothaarige und der Kleine mit dem krummen Rücken für Gerechtigkeit sorgten, das aussprachen, was alle insgeheim dachten (...). Dann hörte ich Schau mal, das ist Bellegueule, der Schwuli

Nur eine von vielen erschütternden Szenen, die der junge, französische Autor Édouard Louis in seinem autobiografischen Roman beschreibt, oder besser, verarbeitet.
Es geht um sein bisheriges Leben, um seine Kindheit, und den Großteil seiner Jugend, welche er in der nordfranzösischen Picardie verlebte. Zwei riesige Handlungsschwerpunkte liegen seinen Schilderungen zugrunde. Zum einen seine Homosexualität, die er im Laufe seines jungen Lebens immer wieder versucht wahrzunehmen, und zum anderen die vorherrschende Gewalt in seiner Heimat.
Mit unverfrorener Härte schildert Louis Momente der eiskalten Gewalt. Etwa wie er an den Armen festgehalten wird, während ihn mitten in das Gesicht gespuckt wird. Oder wie er mit dem Kopf gegen eine Steinwand geschlagen wird. Er schildert mit klaren, oft kalt wirkenden Worten die bittere Realität, die man erlebt, wenn man anders ist. Wenn man nicht in die Vorstellungen der Mehrheit passt. Er schildert alltägliche Dialoge, welche man oft als scherzig oder normal einschätzt, mit einer Intensität und Genauigkeit, mit der sie einen ganz anderen Nachhall erlangen.

«Bist du der Schwule? Indem sie die Frage aussprachen, schrieben sie sie mir ein, für immer, wie ein Stigma (...). Ein Gefühl der Überraschung durchfuhr mich, dabei war es nicht das erste Mal, dass ich es gesagt bekam. Aber an das Schmähwort gewöhnt man sich nie. Ein ohnmächtiges Gefühl, als verlöre ich den Boden unter den Füßen. Ich lächelte.»

Diese brutalen Darstellungen werden, abwechselnd in Kapiteln, zusammen mit Geschichten aus seiner Familie erzählt. Diese ist wie zu erwarten von der starken Armut geprägt, und labil. Der Schwerpunkt liegt dabei bei seinen Eltern. Louis gibt nicht primär ihnen selbst die Schuld an ihrem Handeln, sondern setzt die äußeren Umstände, wie die vorherrschende Armut oder die unzähligen Schicksalsschläge, ins Verhältnis mit ihrem Handeln.

«Anders als man erwarten könnte, fand ich das nicht schön und rührend. Sein Ich hab dich lieb stieß mich ab, die Worte hatten für mich etwas Inzestuöses.»

Man begleitet den jungen Eddy auf seiner Tortur durch die Mittelschule. Und man bekommt ein Bild vermittelt, was man so erstmal nicht kennt. Aber schauen wir genauer hin, können wir solche Schicksale in Vielzahl auch auf deutschen Schulhöfen erleben. Ich habe es selbst auch erlebt. Ich weiß nicht, ob ich lieber darauf verzichtet hätte. Und damit meine ich nicht nur jene Schulhöfe, die in sozialen Brennpunkten liegen, auch auf dem Land kommt sowas deutlich häufiger vor als man denkt.
Es lässt einen stark an den Normen und Werten, aber vor allem an der Akzeptanz und Toleranz zweifeln. Es macht irgendwie hoffnungslos und aktiv zugleich. Zum einen sind diese brutalen, aggressiven Begebenheiten lähmend, aber zum anderen möchte man am liebsten alle wach rütteln und sagen: "Hey Leute, ihr seid auch anders, ihr habt auch Macken, spucken wir euch deswegen ins Gesicht?". Man möchte Werte, Normen, Toleranz und Akzeptanz vermitteln, und das haufenweise. Man möchte diese Tugenden am liebsten in die Gehirne injizieren, damit sie sofort wirken.
Ich kann für meinen Teil, verstehen, warum Louis seinen Namen ablegte. Ich kann verstehen, warum er flüchten wollte, und warum er geflohen ist.
Wenn ihr es auch verstehen wollt, dann solltet ihr die Geschichte von Eddy lesen.

Kritik:
Die Kritik gilt dem Bildungssystem, was es offensichtlich nicht ausreichend schafft diese essentiellen Werte und Normen zu vermittel, die nötig sind, damit solche Schicksale (zumindest in diesem Ausmaß) nicht mehr vorkommen.
Die Kritik gilt der Gesellschaft, speziell den Menschen, die andere ausgrenzen oder sogar Gewalt, in welcher Form auch immer, antun, nur weil sie anders sind.
Die Kritik gilt Menschen, welche heutzutage immer noch «braunen Gedankengut» folgen, weil sie anscheinend aus Unwissenheit nicht wissen,was sie da tun. Was sie da anderen antun.


«Aber das Verbrechen besteht nicht darin, etwas zu tun, sondern etwas zu sein. Und vor allem auch so auszusehen


 

Kurzinfos:
Titel: «Das Ende von Eddy» (Frz.Original: «En finir avec Eddy Bellegueule»)
Autor: Édouard Louis
Seiten: 205
Preis: 18,99€
Verlag: Fischer Verlag
ISBN: 978-3-10-002277-6


Denkt daran, wenn ihr euch heute in die Nacht stürzt.
Man liest sich!


© Ethnokult und so.
Maira Gall