7. Mai 2016

Vorabanalyse des ersten Halbfinales | #ESC2016


Das erste Halbfinale steht an und achtzehn Länder bzw. Künstler wollen unbedingt das Finale am 14. Mai erreichen. Wie gewohnt, qualifizieren sich aber nur zehn der folgenden Künstler für das Finale. In den vorangegangenen Proben kristalisierte sich gut heraus, wer es versteht live zu performen und wer damit Schwierigkeiten hat. Aber beim ESC geht es mittlerweile um viel mehr, als nur um den Gesang. Eine auffallende Performance, eine tolle Ausstrahlung oder eine große Social Media-Rage gehören längst mit zum Erfolgsgeheimnis. Hier ist meine Vorabanalyse und Prognose für das erste Halbfinale:


Finnland: Sandhja / Sing It Away

Das schwierige Los des Anfangs hat Finnland in diesem Jahr zugewiesen bekommen. Aber daraus, oder vielleicht genau deswegen, macht sich die junge Sängerin mit indischen Wurzeln gar nichts. Im Gegenteil, ihr positiver, danciger Popsong geht direkt ins Ohr und animiert zum Tanzen. Leider weiß der Großteil der Fernsehzuschauer nicht, was für ein unglaublich sympathischer Mensch Sandhja ist, deshalb könnte es mit dem Finale sehr knapp werden!

Finale? - (leider) Nein. 
 


 Griechenland: Argo / Utopian Land

In Zeiten, in denen alles auseinander zu fallen droht klammern sich Menschen gerne an Hoffnung. Genau diese hoffnungsvolle Botschaft vermitteln die Künstler der Band Argo mit ihrem Aufruf: "Begleitet uns ins utopische Land!" Das könnte in angespannten Zeiten tatsächlich imposantes Gehör finden. Und sollte die Message nicht ankommen, dann tut es der typisch griechische Klang mit Bouzouki und Trommeln. Folk hat besonders in Osteuropa viele Freunde.
Finale? - Nein.



 Moldawien: Lidia Isac / Falling Stars

Bei diesem Lied handelt es sich wahrscheinlich um genau das, was alle mit dem ESC verbinden: Klassischer Eurodance-Pop mit Glitzerkleidchen und umspielenden Tänzer. Der Refrain ist wirklich sehr eingängig, Lidias Stimme live allerdings etwas wackelig, sodass das Ganze letztlich sehr kühl und staksig rüber kommt. Aber wer weiß, im Weltraum ist es auch kühl. 

Finale? - Nein.


 Ungarn: Freddie / Pioneer

Eine Stimme, bei der man schon nach dem ersten Ton Gänsehaut bekommt - das ist das Markenzeichen von Freddie. Kombiniert mit seinem Hundewelpen-Blick verzeiht man dem ungarischen Model und Sänger auch die etwas langweilige Inszenierung. Wirklich schade, denn in diesem Jahr hat er definitiv die beste Stimme aller männlichen Künstler. 

Finale? - Ja!



 Kroatien: Nina Kraljić / Lighthouse

Wie ein echter Fels in der Brandung steht Nina auf der in Wellen getauchten Bühne und weist uns mit ihrer glasklaren Stimme den Weg. Irgendwie glaubt man ihr das, was sie da singt einfach. "Because there is a light guiding my way. Keeping me safe when oceans rage" - Und dabei ist nicht nur ihr Kleid ein echter Lichtblick. Den Kroatien dringend mal wieder braucht, denn das Land qualifizierte sich zuletzt 2009 für das Finale. 

Finale? - Sehr knapp, aber ja.



 Niederlande: Douwe Bob / Slow Down

Dieses Mantra wirkt zwischen all den lauten Popsongs und Stimmgewalten gleich viel eindrucksvoller. Douwe zeigt, dass es nicht immer laut, schrill und überladen sein muss, sondern auch mal chillig und ruhig sein kann. Und das gilt nicht nur für die ESC-Bühne. 

Finale? - Ja.



Armenien: Iveta Mukuchyan / LoveWave 

Wie ein kleines Theaterstück wirkt der armenische Beitrag in diesem Jahr. Man hat das Gefühl in drei Minuten so viel zu sehen, und vor allem zu hören. Dabei sind vorrangig Einflüsse aus dem Pop aber auch typisch armenische Ethnoklänge machen den Song zu einer musikalischen Welle, die einen überkommt und staunend zurück lässt. Der Beitrag sticht definitiv hervor. Leider ist Deutschland in diesem Halbfinale aber nicht stimmberechtigt, sodass es keine Pukte an Armenien vergeben kann, denn die Sängerin Iveta hat bereits bei The Voice of Germany teilgenommen.

Finale? - Sie wird den Einzug knapp verpassen.



San Marino: Serhat / I Didn't Know

Auf Erfahrung setzt San Marino in diesem Jahr mit dem türkischstämmigen Serhat, der bereits jahrelang im Musikbusiness ist und schon mehrere Singles veröffentlicht hat. Besonders gut kommt sein retrolastiger Popsong in den Social Medias an, wo er europaweit viele Menschen begeistert. Allerdings bleibt oft unklar, ob das wahre Begeisterung ist oder eher Ironie. 

Finale? - Nein.



Russland: Sergey Lazarev / You Are The Only One

Ein aufwändig und hochwertig produzierter Popsong, der sofort ins Ohr geht, zusammen mit einer bis ins letzte Detail durchinszenierten Performance - das ist der russische Beitrag von Sergey Lazarev. Man kann förmlich riechen, dass Russland sich damit den ESC nach Moskau holen will, um nicht "erkaufen" zu sagen. Keine Frage, Song ud Performance lassen den Zuschauer beeindruckt zurück, aber ist ein derart charmeloser Song wirklich der beste Song Europas? Ich bezweifle das sehr. 

Finale? - Keine Frage, natürlich.



Tschechien: Gabriela Gunčíková / I Stand

Eine der schönsten Balladen des diesjährigen Contests kommt aus Tschechien und wird von einer gestandenen Künstlerin dargeboten. Gunčíková ist weit über ihre Heimat Tschechien hinaus bekannt nachdem sie nach Kalifornien ging, um dort am Transsibirischen Sinfonieorchester mitzuwirken. Wenn das mal keine guten Voraussetzungen sind. 

Finale? - Erstmalige Finalqualifikation für Tschechien!



Zypern: Minus One / Alter Ego

Eine zypriotische Coverband, die Rocksongs singt - eine ungewöhnliche Zusammensetzung. Aber was passt besser zum ESC als Außergewöhnliches? Nun gut, derart außergewöhnlich ist der Popsong mit Rock-Elementen dann auch nicht, aber er ist definitiv eine Erfrischung zwischen den vielen weichen Popklängen. Und in gewisser Weise erinnert er an Songs von Linkin Park oder 30 Seconds To Mars. Gefällt mir!

Finale? - Könnte knapp werden, aber ja!



Österreich: ZOË / Loin D'ici

Gute Laune pur versprüht nicht nur der Song, sondern auch die junge Österreicherin Zoë. Stets ein Lächeln auf dem Gesicht und immer gut gelaunt, das macht sie sehr sympathisch. Hinzukommen ihre vielseitigen musikalischen Erfahrungen, die sie seit Kindertagen sammelt. Ein cleverer Schachzug war zudem das Lied auf Französisch zu singen, denn erst vor Kurzem war hier zu Lande eine junge Sängerin namens Louane sehr erfolgreich. Ob das Zufall war? 

Finale? - Nein.



Estland: Jüri Pootsmann / Play

Tiefer Blick und eine markante Stimme, die Merkmale für den Auftritt des Esten Jüri Pootsmann, der in seiner Heimat ein gefeierter Nachwuchs-Star ist. Und mehr brauch es auch nicht, denn Jüri fesselt den Zuhörer mit seiner Stimme sehr, man hört ihm gerne zu. Obendrauf gibt es noch ein nett arrangiertes Bühnenbild, das einen mit ins Casino nimmt. Hier setzt jemand volles Risiko auf Finale!

Finale? - Ja.



Aserbaidschan: Samra / Miracle

Wir alle sollten an Wunder glauben - das sagte Samra im Zusammenhang mit der Message ihres Songs. Und ja, wenn man ihren Livegesang hört, dann muss man tatsächlich an Wunder glauben, denn der ist wahrlich nicht der Beste. Aber das wird prima kaschiert mit güldenen Outfits, einer perfekten Dance-Choreographie und viel Pyrotechnik. Am Ende wird der Goldregen Samra ins Finale befördern. Für die Goldmedaille wird es aber hoffentlich nicht reichen. 

Finale? - (leider) Ja.



Montenegro: Highway / The Real Thing

Wieder etwas Rockiges. Die Betonung liegt auf "etwas", denn der Song ist sehr durcheinander und wirr. Aber wer weiß, vielleicht reißt das Gitarrensolo ja noch alles raus. 

Finale? - Definitiv nicht.



Island: Greta Salóme / Hear Them Calling

Wir alle kennen sie, die dunklen Stimmen des Alltags. Ängste, Emotionen, Erinnerungen - manchmal hindern sie uns an unserem Erfolg. Dass man gegen diese "dunklen" Stimmen kämpfen sollte, davon singt Greta, die Island übrigens schon einmal 2012 in Baku vertrat. Dementsprechend professionell und perfekt sahen auch ihre Proben aus. Das schreit nach Top 10. 

Finale? - Sicher!




Bosnien & Herzegowina: Dalal & Deen feat. Ana Rucner & Jala / Ljubav Je

Langweilig wird es bei diesem Ensemble von Balkan-Persönlichkeiten in jedem Fall nicht. Das Duo Dalal & Deen ist schon seit Jahren erfolgreich im Musikbusiness. Deen vetrat 2003 sogar schon einmal Bosnien & Herzegowina beim ESC. Ana Rucner ist eine kroatische Cellistin, die auf dem gesamten Balkan vor ausverkauften Konzertsälen spielt. Und für einen Kontrast auf der Bühne sorgt der bekannteste bosnische Rapper Jala. Zusammen greifen sie mit ihrer Inszenierung ein sehr schweres Thema auf, die Flüchtlingsdramatik. 

Finale? - Ja.



Malta: Ira Losco / Walk On Water

Als letztes Land im ersten Halbfinale geht Malta an den Start. Showtechnisch hat der letzte Platz es meistens einfacher, da die Aufmerksamkeit fast überkocht und der letzte Platz jetzt noch eher im Gedächtnis bleibt, als der erste Beitrag. Diesen Bonus wird Ira auch unbedingt benötigen, denn ihr Song lädt zwar ein zum Tanzen aber richtig Stimmung mag beim zuhören irgendwie nicht aufkommen. 

Finale? - Nein.

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Maira Gall